und andere Erzaehlungen
Am Grabe des vergessenen Dichters
Peter Rosegger kam im Jahre 1870 nach Linz und wollte Stifters letzte Ruhestätte aufsuchen.
"Können Sie mir sagen, wo das Grab des Dichters Adalbert Stifter ist?" fragte er bei Friedhofseingang mehrere des Weges kommende Leute. Aber diese schüttelten den Kopf. Da sah Rosegger einen Totengräber, der gerade beschäftigt war, ein frisches Grab zu schaufeln. Er ging auf ihn zu und wiederholte seine Frage. - "Stifter, ein Dichter soll der g'wesen sein? Meinen S' vielleicht den Schulrat Stifter?" - Rosegger bejahte. - "Ja, da gehen S' zum Eingang zurück und etwas rechts vom Hauptweg ist es dann." Endlich fand Rosegger die letzt Ruhestätte des von ihm so hochverehrten Mannes. Wie aber war er erschüttert, als nur den kahlen Hügel sag, den ein dürftiges kleines hölzernes Kreuz überragte, auf dem zu lesen stand, daß Stifter Schulrat gewesen sei und daß Gott seiner Seele gnädig sein möge. - Auf's tiefste bewegt, verließ Rosegger die traurige Stätte des vergessenen Dichters.